Sonntag, 21. Januar 2018

Jesus duldet keinen Aufschub

Predigt zum 3. Sonntag im Jahreskreis B (2018)
Am Freitag fand in Washington der alljährliche March for Life statt, bei dem jedes Jahr viele Menschen für das ungeborene Leben demonstieren. Die Kleine Zeitung schreibt: „US-Präsident Donald Trump hat Tausenden Abtreibungsgegnern in Washington den Rücken gestärkt.“ (Quelle)
Wieviel sind Tausende? 6000? 20.000?
Laut kath.net waren es 500.000 Menschen. (Quelle)
Sollte es wirklich eine so große Zahl sein, dann wäre es doch wert darüber zu berichten?! Wenn es Trump-Gegner gewesen wären, die für Abtreibung oder für die Schwulenehe auf die Straße gegangen wären, hätte ORF und Co sicher viel breiter darüber berichtet. Aber dieses kleine ungeborene Kind interessiert doch in Wirklichkeit keinen und man kann es mit Chemie oder Sauggerät problemlos in den Mistkübel befördern.

Ich habe dann versucht herauszufinden, wieviele Teilnehmer wirklich beim „march of life“ waren. Man findet da wirklich nicht viel im Netz. A bisi auf Zahlen ist man da schon fixiert. Und man kennt das Jahr von einheimischen Demonstrationen: „Die Polizei sprach von 30.000 Teilnehmer, die Organisation von 70.000.“ Ich bin mir nicht im Klaren darüber, warum man sich heutzutage so schwer tut, Menschen zu zählen?!
Man gibt sich doch immer so aufgeklärt. Da ist dann so lustig, wenn man die Zahlen der Bibel kritisiert und das für unrealistisch hält und es dann selber nicht schafft, Teilnehmer von irgendeiner Demo zu zählen. 
Die Zahlen der Bibel sind oft recht eigenartig. Speisung der Fünftausend etwa. Oder wenn irgendeine Schlacht im Alten Testament ist und da wahrscheinlich die richtige Zahl rauskommt, wenn man durch 10 oder gar 100 dividiert.
Heute auch wieder so eine Zahl: „Ninive war eine große Stadt vor Gott; man brauchte drei Tage, um sie zu durchqueren.“

Sonntag, 14. Januar 2018

Der Sieg des Lammes

Predigt zum 2. Sonntag im Jahreskreis B (2018)
Horror hat bei vielen Menschen weiter Hochkonjunktur. Egal ob Vampirjäger, Zombies oder Kontakte zum Jenseits. Viele Menschen lieben das Grauen. Es gibt in vielen Horrorfilmen eine andere Welt und dann gibt es da gewisse Tore und Verbindungen, durch die man Kontakt mit dieser Welt aufnehmen kann oder sogar von unserer Welt in diese Anderswelt kommen kann.
Fürchten brauchen wir uns als Christen nicht. Und ich will hier auch keine Werbung für Übersinnliches machen. Unsere Jenseitsvorstellungen sind hoffentlich eher positiv geprägt: Ich denke an Abrahams Schoss, ein Urbild der Geborgenheit, an das himmlische Hochzeitsmahl oder die totale Gegenwart Gottes, Ganz im Sinne von: Die fetten Jahre kommen erst.
Ganz anders aber dies Anderswelt in den Horrorfilmen. Ein Ort, wo man nicht hin will, wo der Mensch gefangen gehalten wird und alles Positive in uns klein gemacht wird. Eher mit unserer Hölle zu vergleichen.
Samuel erhält einen Ruf. Eine Stimme vernimmt er plötzlich und ordnet sie dem Priester Eli zu. Immer wieder wird er von dieser Stimme, die ihn beim Namen nennt, geweckt.
Was ist das für eine Macht, die irgendetwas von ihm will?
Dem Priester Eli fällt es schließlich beim dritten Mal ein, dass sie sich ja im Tempel Gottes befinden und dass es ja durchaus Gott sein könnte, der hier spricht.
Der Priester (!) war schon so weit von Gott entfernt, dass er so was zuerst gar nicht in Betracht gezogen hat.
Im Christentum spricht man von Berufung und meint damit, dass Gott jedem von uns zu verstehen gibt, schau her, hier ist dein Platz in dieser Welt. Hier will ich dich haben.
Wir hörten ja heute nicht nur die Berufung des Samuels, sondern auch die Berufung der ersten Jünger.
Diese erste Stelle, wo ich spüre, hier ist Gott, hier bin ich ihm nahe, scheint irgendwie eine Rolle zu spielen; schließlich ist sie bei jedem der Propheten erwähnt.
Vielleicht ist das bei ihnen ein Ort, die Gegenwart einer Person oder ein tröstender Gedanke, der Ihnen tiefen Frieden bereitet hat.
Das ist dann vielleicht verbunden mit einem ruhigen Atem, einer inneren Freude und diesem Gefühl angenommen zu sein.
Vielleicht sollte unser Gebet auch darin bestehen, dass wir immer und immer wieder zu diesem guten Ort, zu dieser guten Zeit zurückkehren. Das geht vielleicht räumlich gesehen oder weil die Person, die mir zuerst von Gott erzählt hat, bereits tot ist, nur gedanklich. Aber wir sollten es tun. Weil es uns festigt und weil diese erste Liebe in uns so stark ist und uns im Leben weiter und weiter bringt.
In den Evangelien wird oft berichtet, dass Jesus sich zurückgezogen hat, um zu beten und einmal wird auch berichtet wohin er geht:
Dann ging Jesus wieder weg auf die andere Seite des Jordan, an den Ort, wo Johannes zuerst getauft hatte; und dort blieb er. Joh 10, 40
Dieser Moment, wo der Himmel sich geöffnet hat und eine Stimme aus dem Himmel zu Jesus gesagt hat: Du bist mein geliebter Sohn. <— das lässt ihn nicht los. Das muss er immer und immer wieder meditieren…
Ähnlich die Jünger, die Jesus am Jordanstrand zuerst sahen; diese erste Begegnung mit dem Messias prägt sich bei ihnen ein. Das wird deutlich, weil im Evangelium sogar die Stunde erwähnt wird, in der sie bei Jesus einkehrten.
es war um die zehnte Stunde. Joh 1,39
Komischerweise ist das bei den Horrorfilmen und bei jeder guten Psychotherapie auch so: Man muss zurück, an den Anfang, wo alles begann. Das ist dann allerdings keine gute Erinnerung, da ist etwas Krankes, etwas Böses, das Raum gewonnen hat. Und das gilt es zu besiegen.
Und hier ist er: Der Sieg des Lammes.
Natürlich kann man versuchen heroisch gegen das Böse anzukämpfen, aber früher oder später kommt der Mensch an seine Grenzen. Der Sieg des Lammes Jesus Christus ist der Sieg der Demut, der Niedrigkeit.
Da dürfen wir uns auch nochmal an das Weihnachtsfest erinnern, wo Gott Mensch wurde und sich erniedrigt hat. Da dürfen wir uns an Karfreitag und Ostern erinnern, wo Gott in Jesus Christus gelitten hat, gestorben ist und in alle Tiefen der Hölle hinabgestiegen ist und uns wirklich frei gemacht hat.
Liebe Schwestern und Brüder, beten wir auch immer wieder um Befreiung für uns und die ganze Welt.
 
Herr, himmlischer Vater: durch deine ewige Liebe, die dich neigt zu der menschlichen Natur: neige dich in mich!
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Samstag, 13. Januar 2018

Kirche - die Herausgerufenen

Predigt zum 2. Sonntag im Jahreskreis B
In Österreich gibt es 3400 Ordensfrauen und 1700 Ordensmänner. Wir reden immer darüber, dass die Zahl stetig abnimmt, aber vielleicht sollten wir uns an dieser Stelle einfach mal freuen, dass es so viele Männer und Frauen gibt, die ihr "Ja" gesprochen haben. Sie alle haben bei ihrem Gelübde diesen Satz der Bereitschaft gesprochen, den eben auch der heilige Prophet Samuel gesagt hat: „Hier bin ich, du hast mich gerufen.“(siehe erste Lesung vom Sonntag)
Diese mir ursymphatische Geschichte des jungen Samuel (1 Sam 3) zeigt, dass unser Glaube nicht einfach ein Gerüst aus Ge- und Verboten ist, sondern dass es dabei um eine lebendige Beziehung zwischen mir und meinem Gott geht. Diese zwei kurze Sätze des Samuel drücken so viel über uns und unsere Bereitschaft gegenüber IHM (Finger des Predigers deutet nach oben) aus.
„Hier bin ich“ - der erste kleine Satz ist schnell gesagt und doch oft nicht so gemeint. Körperlich hier, aber geistig abwesend. <-- das kennt jeder Lehrer, der eine Schar Schülerinnen vor sich sitzen hat. „Hier bin ich!“ - ganz da sein. Das ist überhaupt erst die Voraussetzung bevor ich meine Hände zum Gebet erhebe. In der Lebensbeschreibung des heiligen Benedikt wird dieser auch als ein Mann beschrieben der ganz bei sich selbst ist. (--> Text aus der Abtei Kornelimünster). Jesus sagt ja in Lk 17,21 dass das Reich Gottes mitten in uns drinn ist.
Unsere Heimat ist in uns selbst. Wenn wir die Ruhe, die wir mit Gott in uns selbst haben, verlassen und vergeuden, müssen wir hungern. (Zitat aus einem Text des Stiftes Neuburg, der jetzt nicht mehr online ist)
Und erst jetzt kann der zweite Teil kommen: das Du. Ich kann standhaft mit meinen Mitmenschen Beziehungen eingehen. Kann mich Gott zuwenden. Kann auf ihn hören. Und der junge Samuel sagt: „Du hast mich gerufen.“ Ja, ich weiß, er spricht diesen Satz zu Eli. Dennoch ist die Haltung Samuels, die wir einnehmen sollen. Zu wissen, dass wir gebraucht werden. Dass jemand etwas von uns erwartet. Das ist eine sehr wichtige Erfahrung. Gibt dem Leben Sinn.
„Du hast mich gerufen!“ Das kann heute jeder von uns zu Gott sprechen. Wir sind die von Gott Herausgerufenen. Bitte, liebe Brüder und Schwestern. Lasst Euch das einmal auf Eurer Zunge zergehen: „Die von Gott Herausgerufenen.“ Das ist die wortwörtliche Übersetzung des griechischen Wortes Ecclesia - und das bedeutet ja nicht anderes KIRCHE.
Man spürt also, was es mit dieser Kirche auf sich gehabt hat und hoffentlich noch hat. Dass die verschiedensten Menschen sich gerufenen/ berufen gefühlt haben von Gott. Dass sie ihren Arbeitsplatz, ihre Mietwohnung, ihren Bauernhof verlassen haben, um gemeinsam zu Gott zu beten - so sind wir heute morgen die ECCLESIA von N. Die von Gott Herausgerufenen.

Was ich auch sehr eindrücklich an der Geschichte Samuels finde, ist die Tatsache, dass auch Gott auf den Menschen hört. Das Volk fordert nämlich einen König. Sie wollen so sein wie alle Völker. Das war nicht Gottes Plan. Aber er lässt es zu. (sechs Kapitel später 1 Sam 9).

Gott nimmt also sein Volk als Bundespartner ernst. Diese Zuwendung Gottes findet ihre Fortsetzung im heutigen Evangelium. Jesus fragt seine zukünftigen Jünger ganz direkt: „Was wollt ihr?“ (Joh 1,38) Er überfährt sie also nicht einfach mit seinen Gesetzbuch.
Naja, die Antwort der beiden, hört sich jetzt nicht so gut überlegt an. Sie können es nicht ausformulieren. So geht es uns vielleicht auch oft, wenn wir auf unseren Glauben angesprochen werden. „Meister, wo wohnst du?“ ABER sie wollen IHN kennenlernen. Sie wollen bei IHM sein.
Hier begegnen wir dem urkatholischen Prinzip der Anbetung. Einfach bei IHM sein. Das wollen wir heute Abend.
Vielleicht ergeben sich im neuen Jahr Chancen für uns, dass wir ähnlich wie Eli oder Andreas andere Menschen zu Gott führen können. Ihnen begreifbar machen, dass er der GOTT-MIT-UNS ist. Und dann gehen diese Mitmenschen ihren eigen Weg mit Gott so wie Samuel und Petrus.
Amen.

verwandte Links:

"Habitare secum – Bei sich selbst zu Hause sein" von Daniel Tibi OSB
ADSUM - Ein Film zum Priesterjahr (youtube)
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