Sonntag, 29. Oktober 2017

Predigt "das brennende Herz"

In der Werbebranche, aber auch im Alltäglichen Leben verkürzt man oft, treibt auf die Spitze. Wir erkennen das etwa bei der Benediktusregel, die aus 73. Kapitel besteht. Da wird dann aus diesem recht langen Text: Bete und Arbeite. Oder: Bete, Arbeite und Lies (ora et labora et lege).

Ganz verkürzt. Blöd ist nur, wenn man so eine knackige Verkürzung hat und denkt man würde sich auskennen. In der Beneditiktusregel steht natürlich viel mehr drin. Ich denke zum Beispiel an die vielen Anweisungen, was bei Verfehlungen getan werden muss. Oder an die väterliche Güte des Abtes. Oder an den guten Eifer der Mönche. Und dann das Mantra, das sich durch die ganze Regel zieht: „Lass das Murren.“ Moatschgern. Lass das Murren. Lass das Murren.
Die Kurzbeschreibung „Bete, Arbeite und Lies“ findet sich nicht in der Regel, aber man kann sie herleiten. Aber wenn man will, kann man alles herleiten, was man will. „Bete, Arbeite und Lies“ sind auch Dinge, die man alleine tun kann, aber die Benediktusregel zB. ist ja für eine Gemeinschaft von Mönchen geschrieben. Man kann ja sagen: ein Benediktiner ist kein Benediktiner. Das war bei den Mönchen ja nicht immer so. Es gab im 3. Jh in der ägyptischen Wüste die Einsiedler. Daraus hat sich erst mit Pachomius ein Gemeinschaftsleben gebildet. Erst mit der Zeit hat man gemerkt, dass man, wenn man alleine lebt furchtbar sonderbar wird. Man braucht die Gemeinschaft um mit ihr zu wachsen. Die gegenseitige Sorge. Mein gegenüber als Korrektiv. Als wichtiges Mittel um meine Stimmungen im Griff zu halten und vor allem um zu wachsen.
Jesus macht heute im Evangelium klar, dass ohne geschwisterliche Liebe nicht geht. Er fasst das Gesetz (die ersten fünf Bücher der Bibel) auch zusammen. Ganz kurz. Ähnlich haben wir das ja auch in den zehn Geboten: Die ersten drei Gebote für Gott, die anderen sieben für Menschen untereinander. Das ganze Leben ist so im Gleichgewicht und man ist nur wenn man beides lebt in Gott verankert. Jesus reißt in diesem Moment zwei Verse der Thora aus dem Zusammenhang und fügt sie zusammen. Es geht dabei immer um die Liebe.
Liebe ist wie brennendes Herz. Man ist in der Liebe zu Unglaublichem fähig. In der Liebe zu Gott und in der Liebe zum Nächsten. Da denke ich an Kirchenbauten vor Jahrhunderte. Ich denke an die Pflege von Alten und Kranken. An die Mütter und Väter, die sich trotz ihrer Arbeit Zeit für Ihre Kinder nehmen. Für uns Benediktiner und uns als sonntägliche Gemeinde steht das gemeinsame Gebet und das gemeinsame Hören auf das Wort Gottes im Vordergrund. Dafür soll man einen Eifer haben. Wir werden motiviert und unsere Wunden werden geheilt.
Liebe ist aber nicht einfach eine Komfortzone. Dieses Feuer der Liebe tut weh, wir sollen uns dem stellen und so wie durch ein Feuer gehen. Läuterung ist das alte Wort dafür.
Wer aus Gott lebt, entscheidet sich zu lieben. Und ein zur Liebe entschlossenes Herz kann grenzenlose Güte ausstrahlen. Frere Roger.

Freitag, 20. Oktober 2017

Predigt Abraham - Maria

Der Völkerapostel Paulus präsentiert uns den „Vater vieler Völker“ (Röm 4,17) als das Beispiel des Glaubens. Und dieses Beispiel hat nichts an Popularität eingebüßt. Ich denke da an mein Ordensleben, wo uns Abraham immer wieder als Vorbild an Herz gelegt wurde; hat er doch alle Sicherheiten verlassen und ist dem Ruf Gottes gefolgt.
Auch spricht man heutzutage gerne von den drei abrahamitischen Religionen, wenn man von Judentum, Christentum und Islam redet, um deutlich zu machen, dass alle drei einen Gott verehren und sich alle drei auf den „Vater vieler Völker“ Abraham berufen.
Aber Paulus geht es selbstverständlich um mehr. Er sucht einen Anknüpfungspunkt im Alten Bund vor und jenseits des Gesetzes, das uns von Gott durch Mose und damit eben erst nach Abraham überliefert wurde.
Der Bund zwischen Abraham und Gott ist älter. Der Bund zwischen Abraham und Gott besteht von menschlicher Seite darin, den Glauben zu haben.
Ach wie töricht sind wir Menschen. Da sprechen wir von abrahamitischen Religionen, tun so, als ob wir alle irgendwie die Wahrheit haben (Ringparabel) und vergessen, dass es nie um Abstammung geht, sondern darum zu glauben. Und Glaube an den lebendigen Gott ist mehr als irgendein sich auf längst Vergangenes zu berufen. Glaube ist das Gegenteil von Furcht und Verstocktheit.
So wie Paulus uns Abraham als Beispiel des Glaubens präsentiert wurde und wird die Kirche nicht müde uns Maria als Beispiel des Glaubens zu präsentieren.
Sie ist analog zum „Vater vieler Völker“, die Frau aller Völker.
Bei beiden (Abraham und Maria) hört man den anfänglichen Zweifel. Wie soll das Geschehen? Wie willst du Gott, mich alten Mann zum Vater so vieler machen? Wie willst du, Gott, mich zur Mutter des Messias machen?
Hier folgt von oben keine lange Erklärung, keine Beweisführung. Hier folgt von oben die wirksame Tat Gottes.

Requiem für eine gastfreundliche Frau

Als ich gestern Abend nach der Heiligen Messe noch kurz in der Aufbahrungshalle war, musste ich staunen über die zahllosen Kränze am Sarg Eurer lieben Tante.
Wenn eine 9x-jährige, kinderlose Frau stirbt, erwartet man eigentlich eine Verabschiedung im kleinen Kreis. Die Gleichaltrigen inklusive der Geschwister sind tot, leibliche Kinder und Kindeskinder gibt es keine. 
Nicht so bei Euch. Dass hat mit Eurem Zusammenhalt zu tun, aber eben auch damit, dass Frau NN - oder Tante N, wie ihr sie liebevoll nennt, - ein besonderer Mensch war und ist.
Die Texte, die ich heute ausgewählt habe, beschreiben, was Gastfreundschaft ist. Abraham, Sara, Marta und Maria - alle vier haben Gott zu Gast. Man merkt richtig, wie wichtig den Autoren der Bibel Gastfreundschaft ist und wie wichtig es ist, seinen Gästen die volle Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Ähnlich habt ihr mir ja Eure liebe Verstorbene beschrieben. klein das Haus - aber umso größer die Gastfreundschaft.
Das erinnert mich auch an Hebr. 13,2: 
Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.
Wenn ein solcher Mensch - ein solcher gastfreundlicher Mensch - stirbt, ist das auch ein Auftrag an uns alle - an mich als Gastmeister des Stiftes, an Euch als Familie, aber auch an uns alle -, dass wir durch unsere Gastfreundlichkeit die Welt - so wie sie es getan hat - lebenswerter machen.
So wie Gott bei Abraham und Sara aufgenommen wurde, so wie Jesus bei Marta und Maria aufgenommen wurde und so
wie unzählige Verwandte und Freunde im Haus von NN aufgenommen wurden und sich angenommen gefühlt haben, so möge sie jetzt zum himmlischen Hochzeitsmahl eingeladen sein. Amen.

Links:

Freitag, 6. Oktober 2017

Requiem für eine plötzlich Verstorbene

Manchmal hört man, dass man das Leben mit Jahreszeiten vergleicht. Da steht dann (1) der Frühling für das Wachstum & das Lernen in Kindheit und Jugend. (2) Der Sommer für die kraftvolle Zeit der Arbeit und auch der Erziehung der eigenen Kinder und dann (3) der Herbst für die Pension bzw. das Alter. Wir Ennstaler können es vielleicht besser nachempfinden, wenn direkt nach dem Spätsommer ein Wintereinbruch kommt, obwohl der Herbst dann im Normalfall nochmal zurückkehrt.
Bei Eurer Mutter, Tochter, Schwester und Tante gab es diesen Normalfall nicht. Die Zeit des Sommers ist durch den Unfall mit einem Schlag vorbei. Man wünscht sich wie verrückt die Tage des Sommers und der wärmenden Liebe zurück und versteht nicht, was dieser eigenartige Lauf der Welt soll?!
Auch frage ich mich, lieber Schutzengel, wo warst du? Warum bist du nicht da, wenn man dich mal braucht?

Lieber N, liebe Brüder und liebe Mutter der Verstorbenen, liebe Schwestern und Brüder.
Die heutigen Lesungen sind vom Fest Mariä Heimsuchung (02. Juli). Wir erinnern uns daran, wie Maria, die Mutter Jesu, ihre Tante Elisabeth besucht und sich um sie kümmert. Ähnlich war ja eure liebe Verstorbene

Sonntag, 1. Oktober 2017

Verantwortung + Barmherzigkeit

„Euer Ja sei ein Ja, euer Nein, ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.“ So heißt es in Mt 5,37. Und eben gerade haben wir doch genau das Gegenteil gehört, oder?!. Ist es mit dem Evangelisten wie mit diesem Bekannten, den vielleicht jeder von uns hat: Man muss nur lange genug warten, dann sagt er wieder genau das Gegenteil. Ich hoffe nicht. Als Bibelleser schaut man natürlich immer auf den Kontext. Für wen wurde das geschrieben, wer steht Jesus gegenüber und was hat Jesus zwei bis drei Zeilen vorher gesagt. In der eben erwähnten Stelle spricht Jesus vom Schwören. Das heisst man soll als Christ so sehr in der Wahrheit sein, dass man gar nicht lügen kann. Ich denke hier auch daran, dass man sich selbst oft belügt. Dass man sich etwas vormacht und so nicht mehr fähig ist, seinem Leben eine klare Richtung zu geben.
Heute hingegen geht es im Evangelium um die Arbeit im Weinberg.