Donnerstag, 19. Januar 2017

Requiem für einen, der nicht auf die Butterseite gefallen ist

Liebe Trauerfamilie, liebe Schwestern und Brüder.
Beim Requiem und bei der Verabschiedung eines Menschen macht man sich vielleicht auch Gedanken, was es mit der Gerechtigkeit auf sich hat. Habe ich den Verstorbenen immer gerecht behandelt. Hat er gerecht gehandelt und den Himmel verdient? Wo bleibt Gottes Gerechtigkeit in diesem Leben und im Leben nach dem Tod?
Im Evangelium wird immer wieder deutlich, wie die zur Schau gestellte Gerechtigkeit der Menschen dem HERRN Jesus zuwider läuft und wie ER Gottes Gerechtigkeit, denen zuspricht, die im Leben vielleicht zu kurz gekommen sind. Gerade beim heutigen Evangelium wird das deutlich. Etwas polarisierend werden uns da vom Evangelisten auf der einen Seite die Pharisäer und auf der anderen Seite die Hilfsbedürftigen vor Augen gestellt. Dieser arme Kerl aus dem Evangelium wird uns nicht näher vorgestellt. Wir erfahren nicht, ob er zum Beten oder zum Betteln in der Synagoge war. Wir wissen nicht, was er gebetet hat. Ob er Gott angeklagt hat, weil es ihm nur schlecht geht? Ob er Gott Danke gesagt hat, für das Wenige Gute?
Auf jeden Fall kann Gott in unser Herz schauen. Und das macht er dann eben ausgerechnet bei den Pharisäern. Und ER ist entsetzt, traurig und sogar zornig.
Hier wird ein Gedanke deutlich, der sich durch die ganze Heilige Schrift zieht. Gott will das Leben. Er ist ein Gott des Lebens. Er will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er umkehrt. Und das geht dann soweit, dass der eine Sünder, das eine verlorene Schaf nicht einfach wieder zurück in Reih´ und Glied éingeordnet wird, sondern, dass der Herrgott im Himmel mit allen Engeln und Menschen ein riesiges Fest feiert, wenn nur ein Sünder umkehrt.
Mir kommt vor, dass Du lieber N., jetzt im Himmel mitfeierst. Möge, Dir der Herr Deine Schwächen und Sünden vergeben und mögest Du jetzt in Gottes Licht und vor allem in seiner Freude sein.
In der Benediktusregel heisst es: „Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und gute Tage zu sehen wünscht?“ Ich muss gestehen, dass ich das bis heute Mittag immer nur auf mich bezogen habe. Aber geht es hier nicht auch darum, dass ich das LEBEN und die guten Tage dem andern gönne und alles dafür tue, dass er gute Tage erlebt?
N. war „nicht auf die Butterseite“ des Lebens „gefallen“ und hatte sein Leben nicht im Griff gehabt. Aber er war gefällig: „Wenn du ihn gebraucht hast, hat er geholfen.“ Davon zeugt auch sein über 40-jähriger Dienst in der Feuerwehr.
Bei meinem Besuch am 01. Dezember habe ich ihm die Krankensalbung und die heilige Kommunion spenden dürfen. Ich habe noch nie in meinem Leben eine so lustigen Schwerkranken erlebt. Und so gilt heute auch mein Dank an allen, die ihn in seiner schweren Zeit unterstützt haben und sein Leben retten wollten. Gerade in den letzten Monaten, wo er durch die Krankheit Angst vor der Finsternis gehabt hat, habt ihr ihm die Angst genommen und wart einfach da.
So steckt in NN. Leben und Sterben auch der Auftrag an uns alle, Leben zu ermöglichen und nicht Leben zu vernichten.